Jean-Hugues Busslinger

Ein PPP garantiert die Wahrnehmung der öffentlichen Interessen und führt zu einer Win-Win-Situation für Staat und Wirtschaft.

Schweizerische Fachliteratur

Forschungskooperationen mittels Public Private Partnership

Forschungskooperationen mittels Public Private Partnership

Argumente und Beispiele

Herausgeber: Zentrum für Wissenschafts- und Technologiestudien (CEST)
Autoren: Dirk Meissner, unter Mitwirkung von Diana Schramek
Seiten: 89

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Die vom Zentrum für Wissenschafts- und Technologiestudien (CEST) in Auftrag gegebene Bestandesaufnahme bettet das Konzept der PPP-Forschungskooperation in den innovationspolitischen Kontext ein, liefert definitorische Grundlagen und thematisiert Vor- und Nachteile.

Gegenstand

Public Private Partnership (PPP) gewinnen vielerorts an Bedeutung. Insbesondere im Bereich Infrastruktur und öffentliche Dienstleistungen werden Kooperationen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren häufig als Alternative - in manchen Ländern gar als Allheilmittel - zu Privatisierung und staatlicher Aufgabenerfüllung etabliert. Neben den gängigen PPP, insbesondere in den Bereichen Hochbau und Verkehrsinfrastruktur, wurden in den letzten Jahren PPP in Forschung und Entwicklung (F&E) gegründet, die die Kooperation privater und öffentlicher Akteure verbessern sollen.

Verstärkt wird in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion davon ausgegangen, dass Investitionen in anwendungsorientierte Forschungskooperationen - insbesondere mittels PPP-Forschungskooperationen - die Effektivität und Effizienz des Innovationssystems und der Innovationspolitik erhöhen und neue wissenschaftliche, gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Herausforderungen gezielt angehen. Diese Investitionen sind demnach wichtig für die Stärkung, Nutzung und Nachhaltigkeit des Innovationspotenzials und die Wettbewerbsfähigkeit eines Standortes in wissenschaftlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht.

Für PPP-Forschungskooperationen gibt es allerdings kaum systematische Konzepte und Definitionen, obwohl diese zunehmend in OECD- und ERA-Ländern auftreten. Daher ist es Ziel dieser Bestandesaufnahme, das Konzept der PPP-Forschungskooperation in den innovationspolitischen Kontext einzubetten, definitorische Grundlagen zu liefern und die erwarteten Vor- und Nachteile sowie Auswirkungen zu thematisieren. Weiterhin werden Politik, Wissenschaft und Wirtschaft Argumente zum Für und Wider von PPP-Forschungskooperationen an die Hand gegeben, um einen Beitrag zur weiteren nachhaltigen Stärkung des nationalen Innovationssystems zu leisten. Die Bestandsaufnahme gibt einen Überblick, der:

  • grundlegende Fragen für die Anwendung dieses Instruments beantwortet;
  • bereits etablierte PPP-Forschungskooperationen in OECD- und ERA-Ländern hinsichtlich angewandter Methoden, des Vorgehens und der Erfahrungen analysiert sowie
  • eine Pro- und Kontra-Analyse basierend auf theoretischen Überlegungen und praktischen Erfahrungen liefert.

Die Bestandsaufnahme beantwortet entsprechend die folgenden Kernfragen:

  1. Welche Gegenstände eignen sich für PPP-Forschungskooperationen?
  2. Welche Modelle der PPP-Forschungskooperationen können dafür genutzt werden?
  3. Welche Länder nutzen PPP-Forschungskooperationen bereits?
  4. Welche Erfolgsfaktoren und Ansätze mit PPP-Forschungskooperationen können in anderen Ländern identifiziert werden?

Methodik/Vorgehen

Die Rolle und Bedeutung der angewandten F&E wird vor dem Hintergrund der sich verändernden Innovationsprozesse diskutiert. Innovationsprozesse sind zunehmend die Form der „open innovation“ organisiert und betonen die Bedeutung von Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette. Daraus werden Anforderungen an innovationspolitische Instrumente abgeleitet. Diese haben im gegenwärtigen Innovations- und Globalisierungskontext einerseits die Verknüpfung zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung zu stärken und andererseits netzwerkartige Ansätze und kooperative Initiativen zu fördern. Diese theoretischen Überlegungen decken sich mit dem OECD-weiten Trend der zunehmenden Verlagerung von einseitigen isolierten Förderinstrumenten zu umfassender Kooperationsförderung. Gegenwärtig existiert ein weites Spektrum an Forschungskooperationen, die in informations-, handlungs- und ressourcenorientierte Kooperationen unterschieden werden können. Diese Formen werden entlang der drei Dimensionen Formalisierungsgrad, Interaktionsform und Zeithorizont charakterisiert. Aufgrund dieser detaillierten Einordnung werden die Vor- und Nachteile der verschiedenen Formen aufgezeigt. Basierend auf theoretischen Überlegungen und internationalen Erfahrungen werden Argumente für PPP-Forschungskooperationen erarbeitet und ihre potentielle Rolle zur Stärkung der angewandten Forschung verdeutlicht.

Die Bedeutung der angewandten Forschung und die veränderten Rahmenbedingungen für Innovation werden eingehend untersucht, um die zentralen Elemente von gegenwärtigen Innovationsinstrumenten zu benennen. Forschungskooperationen in verschiedenen Ausprägungen werden anschliessend detailliert betrachtet und deren potentieller Nutzen aufgezeigt. Anknüpfend an diese Ausführungen wird Public Private Partnership als innovationspolitisches Instrument eingeführt.

Nach diesen grundlegenden Ausführungen werden Formen von PPP-Forschungskooperationen in ausgewählten Ländern - insbesondere in Irland, Schweden und Deutschland - analysiert und in die entsprechende Innovationspolitik eingebettet. Aus der Kombination von theoretischen Überlegungen und empirischen Analysen werden Argumente und Grundlagen für PPP-Forschungskooperationen abgeleitet.

Anhand dieser Beispiele werden Aussagen zu Rahmenbedingungen, Gegenstand und Organisation von PPP-Forschungskooperationen getroffen. Abschliessend werden die identifizierten Erfolgsfaktoren und die beobachtete Wirkung von PPP-Forschungskooperationen kommentiert. Eine Statusanalyse der Public Private Partnership zeigt die Entwicklung von PPP in der Schweiz im Bereich Infrastruktur und öffentliche Dienstleistungen auf und diskutiert Initiativen im Bereich F&E. Hierfür werden sowohl die schweizerische PPP-Diskussion in anderen Bereichen als auch die schweizerischen Entwicklungen im F&E-Bereich analysiert. Zudem findet eine Abwägung statt, ob die Anwendung dieses innovationspolitischen Instruments in der Schweiz zu einer Stärkung der angewandten Forschung führen kann.
Eine Zusammenfassung des identifizierten Handlungsbedarfs und Schlussfolgerungen runden den Bericht ab.

Ergebnisse / Schlussfolgerungen

Es wird gezeigt, dass sich unabhängig vom Kontext langfristige PPP-Forschungskooperationen aufgrund von Vertrauensbildung und optimierter Abstimmung der Zusammenarbeit am besten eignen, ein Innovationssystem nachhaltig zu bereichern und zu stärken. Die Globalisierung macht auch vor den nationalen Wissenschafts- und Forschungssystemen nicht halt. Damit erhöht sich der Wettbewerb der einzelnen nationalen Wissenschafts-, Forschungs- und letztlich Innovationsstandorte auf globaler Ebene erheblich. Im einem solchen Innovationskontext, der sich durch Rückkopplungseffekte und erhöhten Wettbewerbsdruck auszeichnet, stellen ressourcenorientierte, langfristig gefestigte und rechtlich festgelegte Formen der Zusammenarbeit eine mögliche effiziente und effektive Antwort auf die globale Herausforderungen dar. Dabei werden netzwerkartige Formen von Forschungskooperationen, insbesondere virtuelle, räumlich verteilte Netzwerke nicht berücksichtigt. Es zeigt sich in verschiedenen Studien und nach landläufigen Expertenmeinungen, dass solche Netzwerke unterstützende Wirkung haben können, die wesentlichen Innovationen jedoch aus der direkten zwischenmenschlichen Interaktion entstehen. PPP-Forschungskooperationen werden vor diesem Hintergrund deshalb definiert als:

infrastrukturbasierte Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Akteuren mit dem Ziel der Wissensvermehrung und -anwendung in mittel- bis langfristiger Sicht in verbindlich vereinbarten institutionellen Konstellationen, die die originären Interessen der jeweiligen Partei berücksichtigen, Risiken und Chancen gemeinschaftlich wahrnehmen und teilen sowie langfristig dem Gemeinwohl dienen.

Basierend auf dieser Definition werden drei PPP-Typen unterschieden:

  • Ad-hoc PPP mit kurzfristigem bis mittelfristigem Fokus;
  • Test-PPP mit Ressourcenpooling und mittelfristigem bzw. projektbezogenem Fokus und schliesslich
  • nachhaltige PPP, die sich durch eine langfristige Zusammenarbeit mit institutioneller Verankerung auszeichnen.

Ausgehend von weiteren Betrachtungen, die den Nutzen und die potentielle Wirkung der drei PPP-Typen auf nationale Innovationssysteme beleuchten, wird die Form der nachhaltigen PPP-Forschungskooperation als ein sehr wirksames innovationspolitisches Instrument detailliert untersucht. Dafür sind die mit dem langfristigen Fokus verbundenen hohen Verbindlichkeiten und der Aufbau von nationalen und internationalen Netzwerken von Bedeutung. Zudem werden über die institutionelle Komponente ein nachhaltiger Kompetenzaufbau, eine Förderung interdisziplinärer Forschung und Synergieeffekte erwartet, die den Innovationsprozess beschleunigen.

Die Bestandsanalyse zeigt, dass sich PPP-Forschungskooperationen in unterschiedlichen Ausprägungen in vielen OECD- und ERA-Ländern etabliert haben. Es wird insbesondere aufgezeigt, dass die Mehrheit der Staaten PPP-Förderprogramme nutzen, die innovative partnerschaftliche Forschungsprojekte unterstützen. Obwohl nachhaltigen PPP-Forschungskooperationen theoretisch der grösste Nutzen zugeschrieben wird, finden sich solche hauptsächlich in der Form von ad hoc oder netzwerkartigen Kooperationsformen ohne gemeinsame institutionelle Verankerung wider.

Die identifizierten nachhaltigen PPP sind in den verschiedensten Themenbereichen tätig. Während technische Forschungsfelder dominieren, sind vereinzelt auch nachhaltige PPP mit sozialwissenschaftlichem Fokus entstanden. Entsprechend den Unterstützungskriterien der Staaten werden insbesondere zukunftsträchtige Forschungsbereiche mittels PPP angegangen. Diese werden in einigen Ländern über Foresight-Studien identifiziert.

Wie die Forschungsbereiche sind auch die Organisationsmodelle vielseitig – es lässt sich daher kein einzelnes Erfolgsmodell ausmachen. Zentral ist jeweils ein interdisziplinäres Führungsgremium, das sich sowohl aus akademischen als auch aus industriellen Vertretern zusammensetzt und für den Interessensabgleich zuständig ist. Wichtig sind zudem folgende aufgrund der theoretischen und empirischen Analyse ermittelten Erfolgsfaktoren, die sich in sechs zentrale Komponenten zusammenfassen lassen:

  1. Sorgfältig entwickelte Strategie und durchdachter Vertrag: Nebst den Verantwortlichkeiten sind auch die Streitschlichtungsmechanismen in einem Vertrag klar zu regeln.
  2. Kommunikation mit Stakeholdern: Informations-, Kommunikations- und Entscheidungsprozesse sind auf die Partner und ihre Ziele abzustimmen. Zudem ist Gewicht auf persönliche Interaktionen zu legen.
  3. Sorgfältige Partnerwahl: Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sind gemeinsame Interessen, Werte und Ziele grundlegende Voraussetzung. Oft stehen die Partner bereits im Vorfeld in einem Netzwerk miteinander im Austausch.
  4. Involvierung des öffentlichen Sektors: Über einen im Vertrag festgelegten Kontrollmechanismus soll der öffentliche Sektor von Beginn an einbezogen werden. Ausserdem soll sich ein Bewusstsein für Innovationen und damit verbundene Risiken und Aktivitäten bilden.
  5. Sicherung des langfristigen Einkommens: mit Vorteil über multiple Quellen.
  6. Politische Führung: Die politische Führung hat nachhaltige PPP sowohl durch öffentliche Äusserungen als auch durch gesetzliche Regelungen zu unterstützen.

Zudem gewinnen im Zuge der Globalisierung Standortüberlegungen an Gewicht. So sind - nebst gesetzlichen Regelungen - Humanressourcen, wissenschaftliche Exzellenz und Infrastruktur wichtig für einen Innovationsstandort mit PPP-Potential.

Schliesslich ist zu beachten, dass sich in nachhaltigen PPP zwei unterschiedliche Forschungskulturen treffen: Es gilt, Synergien zwischen der grundlagenorientierten akademischen Forschung und der anwendungsorientierten industriellen Forschung zu finden und zum gegenseitigen Mehrwert zu nutzen. Im Vorfeld der Vorbereitung von nachhaltigen PPP ist den sogenannten „Competing Values“ verstärkte Beachtung zu schenken. Diese sind in einem Vertrag zu regeln sowie transparente Kontroll- und Sanktionsmechanismen einzuführen. Damit kann aus divergierenden Interessen einhergehendes Misstrauen (zum Beispiel in Bezug auf die Rechte an geistigem Eigentum) frühzeitig effektiv unterbunden werden.

Obwohl die Wirkung von nachhaltigen PPP oft schwer zu evaluieren ist und die meisten ausländischen nachhaltigen PPP erst in jüngster Zeit errichtet wurden, zeigen sich positive Effekte, die für weitere verstärkte Initiativen in diese Richtung sprechen. Eine zentrale Komponente ist dabei die Stärkung des Wissens- und Technologietransfers (WTT), der oft zwar über verschiedene WTT-Stellen gefördert wird, aber dennoch einen weiteren Impuls vertragen würde, zumal PPP-Forschungskooperationen spezifisch auf den WTT Einfluss nehmen und nachhaltig Synergien nutzen. Da nachhaltige PPP ausserdem mit der Stärkung der angewandten Forschung und Netzwerkbildung in Verbindung gebracht werden, würden sie sich eignen, um gezielt auf die häufig identifizierten Defizite nationaler Innovationssysteme zu wirken. Dabei ist zu beachten, dass die Förderung der Grundlagenforschung aufrecht erhalten wird und bestehende (privatwirtschaftliche) Initiativen nicht verdrängt werden.

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